Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz – Auswirkungen auf die Unternehmenspraxis
Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) soll für Verbesserungen der Menschenrechtssituation in internationalen Lieferketten sorgen. Mit Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. Januar 2023 kommen auf Unternehmen in Deutschland eine Reihe von Pflichten zu.
Dr. Lothar Harings und Max Jürgens, Verfasser eines neuen Praxishandbuchs zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, stellen die wichtigsten Aspekte der neuen Regelungen heraus und erläutern deren Auswirkungen auf die Praxis:
Anwendungsbereich des Gesetzes
Das LkSG richtet sich an deutsche Unternehmen mit mindestens 3.000 bzw. ab dem Jahr 2024 ab 1.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Ausländische Unternehmen fallen nur in den Anwendungsbereich, sofern sie eine Zweigniederlassung mit mindestens dieser Anzahl an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Deutschland haben. Damit sind unmittelbar lediglich große Unternehmen adressiert. Indirekt – etwa mittels vertraglicher Weitergabe der umzusetzenden Sorgfaltspflichten – wird das Gesetz aber auch Auswirkungen auf kleine und mittlere Unternehmen mit sich bringen.
Menschenrechte und Umweltaspekte erfasst
Die Sorgfaltspflichten aus dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz beziehen sich zum einen auf die Einhaltung von Menschenrechten (§ 2 Abs. 2 LkSG). Hierfür nimmt das LkSG auf internationale Menschenrechtsabkommen Bezug. Erfasst sind beispielsweise das Verbot von Kinderarbeit und Zwangsarbeit, das Recht auf sichere und gesunde Arbeitsbedingungen oder die Gewerkschaftsfreiheit. Zum anderen sind umweltbezogene Sorgfaltspflichten vorgesehen, die zum Beispiel den Einsatz von Quecksilber oder den Umgang mit gefährlichen Abfällen regeln (§ 2 Abs. 3 LkSG).
Sorgfaltspflichten für Unternehmen
Kern des neuen Gesetzes sind eine Reihe von Sorgfaltspflichten, die unternehmensintern umzusetzen sind. Unternehmen müssen gem. § 4 LkSG ein Risikomanagement etablieren und entsprechende Zuständigkeiten festlegen. In einer Grundsatzerklärung (§ 6 Abs. 2 LkSG) muss die Menschenrechtsstrategie des Unternehmens festgehalten werden. Gemäß § 5 LkSG ist eine Risikoanalyse durchzuführen, um einen Überblick über die menschen- und umweltrechtlichen Risiken in der Lieferkette zu erhalten. Bei festgestellten Risiken sind Präventionsmaßnahmen nach § 6 Abs. 3 bis 5 LkSG zu ergreifen; sofern es bereits zur Verletzung von Menschen- oder Umweltrechten gekommen ist, müssen Abhilfemaßnahmen (§ 7 LkSG) durchgeführt werden. Des Weiteren ist ein Beschwerdeverfahren nach § 8 LkSG einzuführen, damit Betroffenen auf Missstände aufmerksam machen können. Schließlich gehört auch die Dokumentation sämtlicher Sorgfaltspflichten und die Veröffentlichung eines Jahresberichts zu den neuen Unternehmenspflichten, § 10 LkSG.
Die Sorgfaltspflichten müssen Unternehmen dabei nicht nur hinsichtlich des eigenen Geschäftsbereichs erfüllen, sondern auch in Bezug auf unmittelbare und mittelbare Zulieferer (§ 2 Abs. 5 LkSG), wobei die Anforderungen – insbesondere in Bezug auf den Erfolg von Abhilfemaßnahmen – für den Bereich des eigenen Unternehmens höher sind als für entferntere Zulieferunternehmen.
Verlangt wird dabei nicht, dass sämtliche Umwelt- und Menschenrechtsverletzungen in der gesamten Lieferkette verhindert werden. Verlangt wird vielmehr, dass die Sorgfaltspflichten „in angemessener Weise“ umgesetzt werden. Die Anforderungen richten sich etwa danach, wie groß der Einfluss des Unternehmens auf die Verletzungshandlung ist, wie hoch die Eintrittswahrscheinlichkeit für eine Verletzung ist und welche Schwere der Verletzung zu erwarten ist (vgl. § 3 Abs. 2 LkSG).
Sanktionen
Erfüllen die Unternehmen die Sorgfaltspflichten nicht im geforderten Umfang, müssen sie mit Sanktionen rechnen. Eine zivilrechtliche Haftung wird durch das neue Gesetz nicht eingeführt (§ 3 Abs. 3 LkSG). Jedoch droht bei schweren Verstößen ein Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge (§ 22 LkSG). Zudem können Bußgelder in nicht unerheblicher Höhe verhängt werden (§ 24 LkSG).
Der Praxisleitfaden zur Umsetzung und Auswirkungen des LkSG
Harings / Jürgens
Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz
Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz
Umsetzung und Auswirkungen des LkSG in der Praxis
Die Autoren
Rechtsanwalt Dr. Lothar Harings leitet die Praxisgruppe Zoll & Außenhandel der Kanzlei GvW Graf von Westphalen. Er ist außerdem Gründer und Geschäftsführer der Hamburger Zollakademie, Vorsitzender des Europäischen Forums für Außenwirtschaft, Zölle und Verbrauchsteuern e.V. (EFA) und Mitglied im Beirat des Zentrums für Außenwirtschaftsrecht (ZAR). Die Schwerpunkte seiner anwaltlichen Tätigkeit liegen im Zollrecht, Exportkontrollrecht, im Bereich der Embargos und Sanktionen im internationalen Handel sowie in der Beratung zu den Sorgfaltspflichten in der Lieferkette.
Max Jürgens ist Rechtsanwalt in der Kanzlei GvW Graf von Westphalen. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen im EU- und US-Sanktionsrecht, Zollrecht, Verbrauchsteuerrecht sowie in der Beratung zu Sorgfaltspflichten in der Lieferkette. Er ist Doktorand an der Goethe-Universität Frankfurt und promoviert dort zu einem völkerrechtlichen Grundlagenthema.