Feelgood-Management für Kanzleien

Allein einen Tischkicker anzuschaffen oder ab und zu Homeoffice -Tage zu gewähren, trägt mittlerweile nicht mehr dazu bei, das Arbeitsklima in Kanzleien nachhaltig zu verbessern. Doch was wünschen sich Mitarbeitende wirklich? Und was sind die Anforderungen, die insbesondere die Generationen Y und Z an ihren Arbeitsplatz stellen? Warum sich Kanzleiinhaber mit Themen wie „Feelgood“ oder gar „Happiness“ beschäftigten sollten, haben wir Professor Dr. Jan Lies gefragt, dessen Studie zu Feelgood-Management in der Kanzlei gerade als Buch erschienen ist.

 

Professor Lies, warum sind Ihrer Meinung nach die Themen „Feelgood“ oder „Happiness“ kein vorüberübergehender Trend, der in kurzer Zeit wieder in der Versenkung verschwinden wird?

Prof. Jan Lies: Viele Kanzleien haben erhebliche Schwierigkeiten, Personal zu finden und zu halten. Das wird sich auf absehbare Zeit nicht ändern. Ob Mitarbeiterentwicklung, Arbeitgebermarken, Motivationsmanagement, Work-Life-Balance oder Gesundheitsförderung. Es gibt viele Ansätze, die letztlich Ähnliches bezwecken. Feelgood versteht sich als ganzheitlicher Ansatz, der Einzelinitiativen zusammenfasst, um Zufriedenheit zu erzeugen.

 

Da wir beide Hundebesitzerinnen sind fanden wir den Aspekt „Kanzleihund“ in Ihrer Studie natürlich besonders interessant.

Lies: Der Hund in der Kanzlei bedeutet mehr als nur sein Haustier am Arbeitsplatz bei sich zu haben, was natürlich für sich schon einen großen Wert für Hundefans hat. Wer Kinderbetreuung in der Corona-Krise organisieren muss und einen Hund hat, der versteht das. Der Wert geht aber darüber hinaus. Wenn Arbeitgeber Hunde am Arbeitsplatz zulassen, zeigen sie damit Offenheit, Herz und Initiative. Das sind wichtige Signale für die Mitarbeitenden.

 

Welche weiteren Happy-Handlungsfelder in der Kanzlei haben Sie z.B. noch identifiziert? Welche davon haben die größte Auswirkung für ein gutes Arbeitsklima?

Lies: Das kann man nicht pauschal beantworten und hängt von den speziellen Defiziten in bestimmten Kanzleien und der Gesamtzufriedenheit ab. Wenn das Führungsverhalten von Kanzleiinhabern aus Sicht der Mitarbeitenden problematisch ist, nützt auch der Kanzleihund wenig. Kurz gesagt: Das Gesamtpaket muss stimmen – und zwar aus Sicht der Mitarbeitenden.

 

Als einen Baustein des Fundamtens für Happiness nennen Sie „Ästhetische Führung“. Was ist darunter zu verstehen, eine Kanzleiuniform etwa?

Lies: Nein. Ästhetik meint nicht schön gestaltete Kanzleiräume oder einen Dresscode. Vielmehr geht es um wahrgenommenes ästhetisches Führungsverhalten. Verhält sich der Kanzleiinhaber als Vorbild? Werden Mitarbeitende in Entscheidungen eingebunden? Werden Mandanten fair auf die Teams verteilt? Ist die Urlaubsplanung gerecht? Antworten auf solche Fragen bezeichnen die ästhetische Kanzleiführung.

 

Für Ihre Studien haben Sie 68 Kanzleimitarbeiter und 50 Führungskräfte bzw. Inhaber von Kanzleien befragt. Wie erfolgte die Auswahl und wie repräsentativ sind die Ergebnisse insbesondere für kleine und mittlere Kanzleien?

Lies: Das war eine Zufallsauswahl und ist nicht repräsentativ, weil Kriterien wie groß/klein, Stadt/Land, (nicht-)partnergeführt u.a.m. nicht erfasst werden konnten.

 

Gab es Antworten oder Einschätzungen, die Sie überrascht haben? Wenn ja, welche waren das?

Lies: Dass 50% der Befragten den Begriff „Feelgood“ nicht kennen und 14% der befragten Kanzleien antworten: „Feelgood ist uns bekannt und nicht hilfreich“. Man mag sich über den Begriff wundern; in Bezug auf Ziele und Maßnahmen ist aber klar: Jede Kanzlei, die gut zu tun hat und dafür Mitarbeitende braucht, kommt an Feelgood nicht vorbei.

 

Halten Sie es für sinnvoll eine eigene Stelle für einen Feelgood-Manager in der Kanzlei zu schaffen oder lasrsen sich die Aufgaben von den Kanzleiinhabern nebenher erledigen?

Lies: Feelgood ist Chefsache, wenn das Personal knapp ist. Aus meiner Sicht ist Feelgood in letzter Konsequenz nicht delegationsfähig, wenn es um das Führungsverhalten geht. Die Zufriedenheitsaspekte wie Mitarbeiterförderung, Weiterbildung, Prämiensysteme und dergleichen gehören in die Personalabteilung.

Professor Lies, wir danken Ihnen für das Gespräch.

 

Der Autor

Prof. Dr. Jan Lies

Professur Unternehmenskommunikation und Marketing, FOM Hochschule

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